„Das ist ein Spiel, bei dem du vorgibst, ein Held zu sein, und mit Freunden auf Abenteuer gehst.“ – so, oder so ähnlich hat mein Onkel mich 2001 von Dungeons & Dragons überzeugt. Natürlich klang das für mein 10-jähriges Gehirn wie die beste Sache seit der Erfindung von Eiscreme zum Frühstück und es sollte sich auch als genau das herausstellen, zumindest wenn wir über Teamplay sprechen.
Was ist ein Tabletop-Rollenspiel?
Dungeons & Dragons ist das weltweit bekannteste Tabletop-Rollenspiel, das seit 1974 Millionen von Spielern und Spielerinnen in seinen Bann zieht und einen fesselnden Mix aus Storytelling, Strategie und Improvisation bietet. Im Prinzip ein Tabletop-Rollenspiel wie ein Videospiel, nur eben ohne Bildschirm und Grafik – stattdessen entsteht die gesamte Spielwelt im sogenannten „Theatre of Mind“: der gemeinsamen Vorstellungskraft aller Beteiligten. Die Spielleitung beschreibt die Umgebung, Begegnungen und Konsequenzen der Handlungen, während die Spielenden ihre selbstgeschaffenen Held:innen durch diese imaginäre Welt steuern und ihre Aktionen durch Würfelwürfe bestimmen, um gemeinsam eine Geschichte zu erleben, die sie aktiv mitgestalten. Statt einem Controller hast du ein Charakterbogen, auf dem alles vermerkt ist was dein Charakter so kann und dabei hat.


Nachdem mein Onkel mir als Kind das Rollenspiel nahe gebracht hat, hat es mich nie wirklich losgelassen. Mittlerweile habe ich viele unterschiedliche Geschichten erlebt, Welten gebaut und Spieler ins Abenteuer geführt. Egal ob Sci-Fi Punk, oder klassisches viktorianisches London.
Was ich gelernt habe sind zwischenmenschliche Mechaniken und Eigenschaften, die das Rollenspiel ganz natürlich trainiert und hervorbringt, über die man aber wenig redet, weil es ja „nur ein Spiel“ ist. Ich erzähle dir in diesem Blogbeitrag, warum der Kampf gegen fiese Goblinscherken mich zu einem besseren Teamplayer gemacht hat und was du daraus lernen kannst.
Kritisches Zuhören
„Ich bin ein fantastischer Zuhörer!“, dachte ich – ungefähr so, wie vermutlich jede:r denkt, er oder sie sei ein überdurchschnittlicher Autofahrer:in. Spoiler-Alarm: Ich war es nicht. Mein „Zuhören“ war in Wirklichkeit ein Filterprozess, bei dem etwa 70% des Gesagten in ein schwarzes Loch namens „Unwichtig oder Nie Gesagt“ verschwanden.
Beim Rollenspiel, beschreibt die Spielleitung in eigener Detailverliebtheit seine Welt und was darin passiert. Dementsprechend fällt es einem schwer, wenn man irgendwo zwischen „moosbedeckten Stalaktiten“ und „feuchter Erde“ gedanklich aussteigt.
In der Welt des Rollenspiels ist mangelndes Zuhören nicht nur peinlich – es ist tödlich. Versuch mal, einem Drachen zu erklären, dass du seine Warnung nur nicht gehört hast, weil du gerade an deinem Smartphone gehangen hast.
Es wird niemanden überraschen, dass Zuhören auch ein entscheidender Teil jeder Teamarbeit ist. Die meisten schlechten Erfahrungen, die ich als Teil eines Teams gemacht habe, entstanden, wenn ein Mitglied (oder mehrere) nicht zugehört hat. Ich weiß, dass es Zeiten gab, in denen ich dieses Teammitglied war, sei es, weil ich von etwas anderem abgelenkt war oder mein Gehirn nur die „Kurzfassung“ des Gesagten verarbeitete.
Übungsbonus in Kommunizieren
Im Bereich der Kommunikation hat das Rollenspiel mir die vielleicht wichtigste Lektion überhaupt erteilt: Menschen sind keine Gedankenleser.
In meiner ersten Session als Spielleiter habe ich einen eklatanten Fehler gemacht: Nach einem aufbrausenden und inspirierenden Intro, in dem ich heroisch das Setting und Abenteuer imposant beschrieben habe, teilte sich meine Gruppe von Abenteurern auf und ging ihrer Wege, statt ein gemeinsames Abenteuer zu erleben. Warum? Nun. Niemand hatte erwähnt, dass es sich um eine Gruppenaktivität handelt.
Wenn es je eine gute Erinnerung daran gab, dass dein Team keine Gedankenleser sind, dann war es diese Sitzung. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, wie dein Team wissen könnte, was du vorhast: Entweder du sagst es ihnen, oder ihr seid Teil einer Art Hive-Mind. Ich muss dich enttäuschen, du bist nicht Seven of Nine. Es gibt keinen Hive-Mind. Du musst mit Menschen reden.
Entscheidungen treffen
Ihr steht vor zwei Türen. Eine rot, eine blau. Welche wählt ihr?
Diese simple Frage hat schon manche Rollenspielgruppe in existenzielle Krisen gestürzt. Ich habe erlebt, wie erwachsene Menschen mit Universitätsabschlüssen 37 Minuten lang darüber debattierten, während sie Verschwörungstheorien entwickelten, die selbst die wildesten Internet-Foren neidisch gemacht hätten.
Viele Menschen scheinen zu denken, dass das Wichtigste bei jeder Entscheidung ist, den richtigen Handlungsweg zu wählen. Ich bin anderer Meinung. Meine Erfahrung sagt mir, dass es oft wichtiger ist, dass überhaupt eine Entscheidung getroffen wird, als dass es die richtige Entscheidung ist. Ob wir die rote oder die blaue Tür wählen, was ist wenn beide Türen in den selben Raum führen?
In der echten Welt verstärkt sich dieses Phänomen noch. Ein Team, das aus Angst vor Fehlentscheidungen in Paralyse verharrt, kommt buchstäblich zum Stillstand. Die quälenden Fragen sind immer dieselben: Was, wenn wir scheitern? Was, wenn wir das Budget sprengen? Was, wenn wir unseren Job verlieren? Diese Bedenken sind zwar verständlich, aber selten so realistisch oder katastrophal, wie unsere Ängste sie ausmalen. In Wahrheit ist die teuerste Entscheidung meist gar keine zu treffen – denn während wir zögern, überholt die Konkurrenz uns mit Produkten und Projekten, die vielleicht nicht perfekt sind, aber immerhin gemacht werden.

Das sind drei der übertragbaren Fähigkeiten, die mir Rollenspiele beigebracht haben und die mich zu einem besseren Teamplayer gemacht haben. Die Welt der Tabletop-Rollenspiele – ob nun D&D, Shadowrun, Call of Cthulhu oder The Witcher – bietet ein erstaunliches Trainingsfeld für Teamkompetenzen, die direkt ins Berufsleben übertragbar sind.
Jedes dieser Spiele fordert uns auf unterschiedliche Weise heraus, aber alle fördern Kommunikation, Entscheidungsfindung und aktives Zuhören. Ich bin sicher, dass viele andere Rollenspieler ähnliche Erfahrungen gemacht haben – vielleicht sogar mit noch anderen wertvollen Lektionen. Wenn du selbst ein besserer Teamplayer werden willst und den Weg der Rollenspiele ausprobieren möchtest, melde dich gerne bei uns.